Mars, Creaholic-Visitenkarten sind perforiert und geritzt; sie haben eingebaute Sollbruchstellen und laden zum Drehen, Biegen und Falten ein. Was ist die Idee dahinter?
Mars Aeschlimann: Diese Visitenkarten stehen beispielhaft für unsere Philosophie der Innovation. Bei Creaholic sind wir überzeugt: Wer auf ausgetretenen Pfaden bleibt, kann nicht innovativ sein, zumindest nicht disruptiv. Mit dieser Visitenkarte wollen wir zeigen, dass man mit Traditionen brechen und Regeln ignorieren muss, um etwas Neues zu finden.
Wie sind Sie auf diesen Ansatz gekommen?
In der Regel sind Visitenkarten einfach und langweilig. Deshalb sollten unsere Visitenkarten etwas anderes sein - und die Kunden mit der Freude am Entdecken, Umdenken und Neugestalten inspirieren. Kunden können unsere Visitenkarten nutzen, um einen Einblick zu bekommen, wie wir bei Creaholic denken und arbeiten. Unser Verständnis von Innovation soll ihnen von Anfang an vermittelt werden - kreative Zerstörung; das Finden von Neuem. Mit dieser Denkweise gehen wir natürlich auch an unsere Projekte heran.
Was heisst das genau?
Die Entwicklung von Produkten und Dienstleistungen folgt meist ein paar eingefahrenen Wegen und Mustern - sie basiert auf bekannten Ideen und Praktiken. Dies ist jedoch ein schlechter Ausgangspunkt für Innovationen. Man muss bereit sein, wirklich neue Dinge auszuprobieren und Regeln zu brechen. Ein Ingenieur kann berechnen, wie lange ein Stein braucht, um im Wasser zu versinken und auf dem Grund des Sees zur Ruhe zu kommen. Das ist der falsche Ansatz. Bei Creaholic denken wir stattdessen darüber nach, wie wir die Steine zum Fliegen bringen können.
Können Sie ein Beispiel für diese Praxis nennen?
Einer unserer Creaholic-Mitarbeiter war sehr verärgert darüber, dass beim Duschen riesige Mengen an Wärmeenergie einfach den Abfluss hinuntergehen - es war nicht möglich, diese Energie zu sparen. Mithilfe unserer 100-Stunden-Regel konnte er sich diesem Problem widmen, und so entstand ein Start-up-Unternehmen: Joulia. Dabei wurde Know-how aus unterschiedlichen Bereichen zusammengeführt: Duschbau und Sanitärtechnik. Zwei Welten wurden miteinander verbunden, die Grenzen zwischen ihnen wurden komplett aufgelöst, eine völlig neue Technologie wurde entwickelt und patentiert. Bis wir ins Spiel kamen, hatte sich die Grundidee einer Dusche seit Hunderten von Jahren nicht verändert, aber wir konnten diesen Status quo infrage stellen. Infolgedessen hat Joulia nicht nur den Watt d'Or und viele andere Preise gewonnen - obwohl das grossartig war. Ausserdem hat Bertrand Piccard (Präsident von Solar Impulse) - der sich sehr für Innovationen im Bereich Nachhaltigkeit einsetzt - in diesem Jahr ein Fernsehinterview gegeben, in dem er unsere Technologie als die vielleicht wichtigste von 330 nachhaltigen Technologien bezeichnete, die er identifiziert hat.
Ab welchem Punkt ist Regelbruch - oder Zerstörung - nicht mehr hilfreich und nur noch destruktiv?
Zerstörung ist fast immer ein guter Ausgangspunkt, um etwas Neues zu finden. Das sieht man auch in Krisen, die immer ein guter Nährboden für Innovationen sind, schon allein deshalb, weil eine etablierte Struktur durch äussere Kräfte zerstört wird und nicht mehr funktioniert. In solchen Situationen ist die Bereitschaft gross, querzudenken und den Wiederaufbau völlig neu zu gestalten.
Worauf sollten wir bei der Zerstörung achten?
Der Zeitpunkt der Zerstörung ist entscheidend. Damit eine Innovation durchstarten kann, ist ein gutes Timing wichtig. Neue Produkte und Dienstleistungen müssen ein Marktbedürfnis befriedigen. Aus diesem Grund haben wir bei Creaholic unser Team kontinuierlich mit Mitarbeitern verstärkt, die genau dieses kunden- und marktzentriertes Denken einbringen und entwickeln. Wir haben Teams in den Bereichen Future Trends, Future Thinking und Market Validation. Letztlich haben nur etwa zehn Prozent aller disruptiven Technologien eine Marktchance. Im letzten Jahrzehnt sind viele innovative Technologien im Bereich der Nachhaltigkeit entstanden - Joulia ist nur ein Beispiel dafür. Im Moment sind wir auch dabei, das Konzept der Verpackung neu zu überdenken; wir wollen es komplett umkrempeln.
Können Sie das näher erläutern?
Schade, nein. Aber ich bin absolut davon überzeugt, dass es eine unglaublich spannende und wichtige Technologie sein wird.